Vom Essen, beleidigt sein und der Macht der unterdrückten Gefühle.

Gibt es vielleicht in Fett gekapselte Gefühle? Kummerspeck? Ein Schutzpanzer, den wir uns angefressen haben, weil man viele Dinge einfach nicht anspricht und sich nur innerlich ärgert? Oder sind wir einfach nur beleidigt und tun uns dann selber mit Essen etwas Gutes?

Ich habe eine Coaching-Ausbildung, manchmal will ich das ja gar nicht zugeben, weil es so viele Dinge gibt, die mir trotzdem all die Jahre nicht aufgefallen sind und von denen ich nichts wissen wollte. Egal wie viel ich über Glaubenssätze, Refraiming und Gesprächstechnik gelernt habe. 

Wie hat mein Religionslehrer immer zitiert: Man sieht den Splitter im Auge des Anderen, aber den Balken im eigenen Auge nicht!

Und heute will ich mir mal ein paar Balken bei mir ansehen und ein paar Geschichten dazu erzählen, da ich glaube, dass viele und lange Jahre unterdrückte Gefühle bei mir mit Ursache für das hartnäckige Übergewicht sind und warum ich immer noch Gefühle gut mit Essen unterdrücken kann.

Ich bin konfliktscheu oder besser, ich bin konfliktscheu gemacht worden. Als Kind hatte ich gar keine Probleme, zu sagen was ich denke oder aufzubegehren, wenn ich etwas ungerecht fand. Aber ich verursachte damit Stress. 

Nicht Stress bei mir, sondern Stress bei meinen Eltern, die dann im Kindergarten bei der schrecklichen Nonne antanzen mussten oder Anrufe von Eltern von Klassenkameraden der Grundschule bekamen, weil ich frech wäre. Stress von den Großeltern, die mit einem so frechen Kind nicht zurechtkamen. 

Dabei war ich nicht vorsätzlich frech. Wenn ich aber etwas nicht wollte oder richtig blöd fand, dann habe ich das artikuliert und ich erntete Ärger. Und ich wollte keinen Ärger ernten, ich wollte keinen Stress verursachen und so habe ich irgendwann gelernt, dass es besser ist ich halte meine Klappe. Und das habe ich dann so lange gemacht, bis ich auf einmal viel zu feige war, noch etwas zu sagen, wenn es um mein Gefühlsleben ging. 

Außerdem konnte ich immer schon echt gut beleidigt sein. 

Im Beruf trifft das gar nicht zu, es geht immer nur um private Dinge und immer nur um meine Gefühle. Auf der Sachebene kann ich stundenlang diskutieren, meinen Standpunkt verteidigen, Vorträge halten und Sitzungen leiten. Aber im privaten Bereich, wenn es darauf ankommt etwas über mich zu offenbaren, dann machte ich die Klapp-Auster. 

Die Leute sagen, ich bin eine toughe Frau und das ich mich durchsetzen kann. Resolut!

Auf der Sachebene absolut. Oder bei Dingen, die mich nicht triggern, absolut. Oder wenn es darum geht für andere zu streiten, absolut. Ehrgeizig, strebsam, stark. 

Jedoch im Privatleben in Gefühlsdingen die Auster. Wenn man dadurch seine Gefühle nicht mehr artikuliert, dann verlernt man, sich seinen Mitmenschen mitzuteilen und auch seine Bedürfnisse zu äußern und dann bekommt auch meistens nicht das, was man gerade braucht.

Die anderen Menschen sind ja keine Hellseher. 

An ein Beispiel aus der Grundschulzeit erinnere ich mich noch sehr gut. Ich habe im Kinderchor gesungen mit all meinen Freundinnen aus der Schule. Weihnachten spielten wir Blockflöte und ich hatte hui Spaß. Wir durften sogar während der Messe oben auf der Orgelbühne singen und das war mega. Bei einer Messe hat unser Probst sich geärgert, das wir oben auf der Bühne gekichert haben, was in der ganzen Kirche über die Mikrophone zu hören war. Also hat er uns den Saft abgedreht und bei den Liedern immer zu spät wieder angestellt. Das hat den Chorleiter so geärgert, dass er ein paar sehr böse Dinge über den Probst gesagt hat. Was genau, dass weiß ich gar nicht mehr. Auf jeden Fall fand ich das total aufregend. Man sagt doch keine bösen Dinge über einen Probst…kicher. 

Also erzählte ich das meine Mutter. Und meine Mutter erzählte es dem Probst und dieser hat den Chorleiter strammstehen lassen. Der Chorleiter hat mich strammstehen lassen, nachdem er vorher vor versammelter Mannschaft wollte, dass die Petze sich stellt. Ich wusste, dass das meine Mutter gewesen ist, habe aber nichts gesagt, weil es mir total peinlich war. Nachdem ich dann als einzige nach dem Singen noch bleiben musste, wussten natürlich auch alle anderen, dass ich die vermeintliche Petze gewesen bin. 

Also ging ich nach Hause und erzählte, wie ungerecht der Chorleiter ist und das er ein Pisspot (Schönes Wort, hatte ich gerade beim Madita gucken gelernt) wäre und das ich da nie wieder hingehe. Ich löste also das Problem, ich dem ich nicht mehr hin ging. Es musste keiner für mich streiten, keiner mit mir dahin gehen und sagen, wie gemein es ist eine 10jährige vorzuführen, bloß weil man nicht zu seinen eigenen Aussagen steht. Niemand hatte Ärger durch mich und ich verursachte keinen Stress. 

Ich weinte nicht, rollte nicht auf dem Boden und verlange nicht, dass jemand mit mir die Situation bereinigte, ich war beleidigt. 

Jedoch mochte ich den Chor und ich fand es schade, nicht mehr zu singen und außerdem waren alle meinen Freundinnen dort. Innen drin war ich auch sehr traurig, nach außen hin war ich cool. Ist mir doch egal, scheiß Chor, dann mache ich eben was anderes. 

Das ist jetzt 37 Jahre her und trotzdem empfinde ich immer noch Wut, wenn ich daran denke. Diese Wut sitzt bestimmt in irgendeiner der Fettpölsterchen und kommt ab und zu mal an die Luft. Ich hoffe durch das Aufschreiben verschwindet sie. 

Ich bin mir noch nicht einmal sicher ob es überhaupt Wut ist oder vielleicht Scham darüber, dass ich nicht für mich gekämpft habe oder mir Hilfe erbeten habe. Im ersten Augenblick ist es auch nur eine banale Geschichte, jedes Kind hat Ungerechtigkeit erfahren. 

Aber ich glaube dieses Schweigen, dieses einfach aus der Situation gehen und diese nicht  durch ein Gespräch zu bereinigen, das war mein Wegbereiter zum Übergewicht. 

Denn Füße stillhalten, weglaufen und einen Konflikt nicht austragen, der mich ganz persönlich betrifft, das war sehr lange meine Strategie. Schmollend in der Ecke. 

Das heißt nicht, dass ich nicht darüber gesprochen habe. Beleidigt sein und mich bei anderen darüber auslassen, wie schrecklich ich behandelt worden bin, dass kann ich sehr gut. Jedoch löst dies keinen einzigen Konflikt, sondern es hält sie lebendig.

Die Gefühle darüber sind noch da und sind nicht verarbeitet. 

Wenn sie wieder hochkommen, dann kann man ja ganz schnell was essen und sie wieder runter stopfen. Leider funktioniert das gut, jedoch nie auf Dauer. Sie kommen immer wieder hoch, weil Gefühle gesehen werden wollen. 

Damals mache ich aber zumindest noch keine Diät. Das begann erst mit 13, die Spirale zwischen Diät und Überessen.

Als ich im ersten Ausbildungsjahr war, habe ich mein Zuhause verloren. Mein Kinderzimmer lag nicht in der elterlichen Wohnung, sondern eine Etage höher, fast unter dem Dach. Das war meine Freiheit, ein kleines, eigenes Zimmer, in dem ich meine Privatsphäre hatte. Mein Rückzugsort. 

Neben meinem Zimmer wohnten Mieter, das Haus gehörte meinen Großeltern und außer den Mietern wohnten noch meine Eltern mit meinen Geschwistern, meine Großeltern und meine beiden Onkels mit Frau dort. Jetzt wollte ein Onkel sich räumlich vergrößern, es waren Kinder geplant und er übernahm die Wohnung der Mieter und begann zu renovieren. Da er mein Zimmer in seine Wohnung eingliedern wollte, wurde mir der Vorschlag unterbreitet seine kleine Wohnung zu übernehmen, die unten im Erdgeschoss war. 

Das fand ich natürlich sehr verlockend, mehr eigenes Reich für mich, aber die Gesamtmiete inkl. Nebenkosten war für mich im ersten Ausbildungsjahr einfach nicht zu stemmen. Ich hätte noch meine Fahrkarte für den Bus kaufen können und dann nichts mehr. 

Also habe ich schweren Herzens gesagt, ich kann das momentan noch nicht stemmen, ich möchte mein Zimmer noch etwas behalten. 

Das war für alle okay, aber ich sollte meine Möbel abdecken und ein bisschen zusammenpacken, da das Fenster in meinem Zimmer schon einmal ausgetauscht werden sollte. Das war nämlich noch so ein uraltes Dachfenster, das im Winter undicht war. 

Gesagt, getan. 

Ich komme am nächsten Tag von der Arbeit nach Hause, gehe hoch und sehe meinen Onkel dabei, wie er gerade meine Tür zumauert.

An den Moment werde ich mich für den Rest meines Lebens erinnern. 

Meine Möbel und mein ganzes Zeug lagen im Hausflur verstreut. Ich könnte ja durch seine Wohnung dann in mein Zimmer gehen. 

Ja, klar, wie praktisch. Ich hätte dafür durch sein Schlafzimmer gehen müssen, wo er dann mit meiner Tante liegt. Ja sicher …der Traum jeder jungen Frau. 

Also habe ich ein paar Kleidungsstücke zusammen gepackt und bin von dannen. 

Ich habe nicht geheult, gezetert, mich auf dem Boden gerollt, Eltern und Großeltern gefragt, wie das nun gehen soll und welchen Plan sie haben. 

Meine Lösung war die gleiche wie schon als Kind. Ich gehe…

Ich trug den Konflikt nicht aus, ich forderte nichts für mich, ich belästigte niemanden mit meinen Gefühlen, ich ging einfach aus der Situation raus. Da war ich 19 Jahre alt. 

Geschlafen habe ich dann bei meinem Freund, der schon eine eigene Wohnung hatte. Ich habe sehr lange dort geschlafen, fast ein ¾ Jahr. So lange hat es gedauert, bis mein Onkel die Wohnung oben fertig renoviert hatte und unten seine kleine Wohnung dann frei war. 

Der Bösewicht war immer sonnenklar definiert, mein Onkel war böse, gegen ihn kam keiner an. 

Aber ich muss mir ja eingestehen, ich habe es gar nicht versucht. Ich habe nicht geschrien, keinen Sitzstreik gemacht, nichts für mich verlangt, keinem mitgeteilt wie verlassen ich mich fühlte, wie elend mir oft war. So cool war ich und ich brauchte niemanden und musste niemanden mit meinen Gefühlen belasten. 

Stattdessen war ich auf Diät. Dauernd, immer. Denn das war eine Form, die Kontrolle zu behalten. 

Und ich habe oft geweint. Meinem Freund war das bald zu viel, ich war ja ständig am heulen, für jeden banalen Streit. Die Angst vor dem Verlassen werden war auf einmal so groß, meine Heulreaktion dem Anlass nicht wirklich angemessen. 

Meine Eltern wussten bis letztes Jahr noch nicht einmal, wie sehr mich das mitgenommen hat. Wie denn auch, ich habe ja nie was gesagt. Wir haben letztes Jahr darüber gesprochen, es hat sich so ergeben aus einem ganz anderen Anlass und es tat gut, einfach mal darüber zu sprechen. Denn wenn man nicht spricht, dann weiß man ja auch nicht was den anderen bewegt. 

Es hätte sich sicherlich eine Lösung gefunden, aber ich habe ja gar nicht zugelassen, dass jemand eine Lösung für mich sucht. War ja nicht nötig, ich kann das alleine. 

Denn ansonsten war ich immer cool…inkl. einer Tonnenlast von Gefühlen, die ich nirgendwo lassen konnte, weil ich verlernt hatte sie zu artikulieren. Über die Diät hatte ich aber zumindest ein wenig Kontrolle. Und ich wollte im Beruf perfekt sein, damit niemand merkte wie verletzlich ich war. 

Wenn schon in inneren ein großer Sturm tobte, musste ich zumindest im äußeren gut aussehen und vor allen Dingen schlank sein. 

Das hat alles mit dem Gefühl zu tun, nicht gut genug zu sein. 

Denn wenn man gut genug wäre, dann würde man ja nicht so behandelt werden, dann würden sich die anderen Menschen ja mehr um Gerechtigkeit bemühen, oder? 

Heute denke ich, der wahre Mut liegt darin, sich mitzuteilen. Zu sagen, dein Verhalten tut mir weh, ich fühle mich damit schlecht. Dann kann ich auch damit aufhören, die Gefühle aufzuessen. Zumal ich mich nicht in der Opferrolle gesuhlt habe, ganz im Gegenteil löse ich Dinge gerne durch Handlung, darum geht es nicht. 

Es geht darum zu fragen, wie können wir gemeinsam eine Lösung finden, bei denen sich alle gut fühlen? Oder im krassesten Fall auch darum Beziehungen abzubrechen, deren Rahmenbedingungen absolut nicht mehr passen. 

Im letzten Jahr ist einer meiner langjährigsten Freundschaften zerbrochen, weil ich mich nicht mehr verbiegen wollte. Ich war zwar immer noch nicht mutig genug alles von Angesicht zu Angesicht zu klären, das ging per Brief, aber zumindest war ich mutig genug meine Gefühle per Brief mitzuteilen. Und auch zu formulieren, was ich in der Lage bin zu geben und wo meine Grenzen liegen. Es hat etwas gedauert bis die Antworten, die kamen,  gesackt sind und ich habe noch weiter versucht mich zu erklären, bis die Wut kam. 

Das heißt meine Gefühle im privaten Bereich kommen tatsächlich noch zeit verzögert.

Ich lese ganz böse Dinge über meinen vermeintlichen Charakter und denke immer noch, ach ja, das kann ich klären. 

Bis es irgendwann sackte und ich dachte, ey, das muss ich mir gar nicht geben und warum sollte ich Zeit mit jemandem verbringen wollen, der so schlimme Dinge über mich denkt. 

Im Endeffekt bin ich wieder aus der Situation raus gegangen, aber mit der Klarheit, das ich das nicht möchte und das eine Freundschaft nicht um jeden Preis erhalten bleiben muss.  Und eben mit der Gewissheit dass ich meine Gefühle dargelegt habe und um einen Konsens bemüht war.

Mir tut das auch heute noch sehr leid, aber diesmal habe ich meine Grenzen gesehen, gewahrt und respektiert. Und meine Bedürfnisse ganz klar erkannt und artikuliert. Die Freundin fehlt mir, aber meine eigenen Bedürfnisse waren wichtiger als mich zu verbiegen, um jemand anderem zu gefallen. 

Ein Meilenstein!

Natürlich muss man Kompromisse eingehen, ob in der Familie, in der Partnerschaft oder bei Freundschaften. Aber es sollten Kompromisse sein, hinter denen man stehen kann und keine faulen, bei denen es einem selbst auf Dauer nicht gut geht. Gefühlsmanipulation durch beleidigt sein zieht bei mir nicht …lach. Und es hätte ja sein können, dass wir einen guten Kompromiss finden und jeder zufrieden ist. 

Es ist sehr schade, dass es nicht geklappt hat. 

Meine Schwester hat einmal in einem Urlaub zu mir gesagt, ich wäre immer so hart. Damals habe ich das nicht verstanden. Heute sagte ich, ja, das stimmte.

Vor allen Dingen war ich hart zu mir selber. 

Ich hätte mir einiges ersparen können, wenn ich nicht so stolz gewesen wäre oder so voller Angst, meine Gefühle zu offenbaren. Wenn ich um Hilfe ersucht hätte oder einfach in der Lage gewesen wäre, zu sagen was mich verletzt und wie es mir geht. 

Aber beleidigt seine Gefühle mit Essen zu betäuben war für mich offensichtlich einfacher. 

Denn es wäre wahrscheinlich unnötig gewesen 25 Jahre auf Dauerdiät zu sein, weil es nicht notwendig gewesen wäre alles unter Kontrolle halten zu müssen. 

Denn die Gefühle bahnen sich ihren Weg. Ist man hart im Inneren wird man, so wie ich, vielleicht weich im Äußeren. Dann bringt das Übergewicht das weiche Element ins Leben, das so fehlt. 

Es ruft die unterdrückten Gefühle wieder hoch, spült sie ab und an an die Oberfläche und fragt, möchtest du hinsehen? Du kannst natürlich stattdessen auch essen…

…etwas an dir wird weich sein, so oder so. 

Und ich denke jetzt an meine Freundin aus der Grundschule, die nun eine Nonne ist. Vor ein paar Jahren hat sie mich besucht, weil sie mir sagen wollte, dass ihre Eltern ihr damals verboten haben, weiter mit mir zu spielen, weil ich jetzt auf das Gymnasium ging und sie zur Realschule. Sie wollte die Situation von damals klären, weil es ihr auf der Seele lag. Das ist richtig cool. Sie erkannte, dass es sie quält, mache mich ausfindig, suchte das Gespräch und bereinigte es. 

Manchmal hilft es schon, seine Gefühle von damals wieder zu spüren, zuzulassen, diese zu Papier zu bringen und sich selber zu verzeihen. Man hat so gehandelt, wie man es damals konnte und man hat heute die Möglichkeit, es zu erkennen und Dinge und Verhaltensweisen zu ändern. 

Mir hilft schreiben dabei sehr oft, sei es dabei öffentlich hier im Blog oder privat als eine Art Tagebuch. 

Während einer meine Hypnosesitzungen sagte mir mein Unterbewusstsein, ich bräuchte mehr Mut. Seitdem hat sich viel getan. 

Z.B. den Mut diesen Artikel zu schreiben, obwohl ihn auch der Chef lesen könnte. Aber es könnten auch andere Menschen davon profitieren und es ist mir nicht peinlich… 

Oder den Mut meinem Automechaniker die Leviten zu lesen, weil er Dinge getan hat, die mir nicht passten….

Den Mut einer Freundin Lebewohl zu sagen…

…und den Mut, meinen Eltern zu sagen wie ich mich damals gefühlt habe, ohne die Absicht nachträglich ein schlechtes Gewissen zu erzeugen. Sondern nur, weil die Gefühle gehört werden wollten. 

…den Mut mich auch mit meinem Lebensgefährten mal richtig zu streiten und Dinge zu bereinigen. 

Weicher zu werden im Inneren, vielleicht entschließt sich dann das Äußere, dass ein paar Fettpolster weichen können.

Ich glaube, dass auch dies ein wichtiges Puzzlestück im Ringen um ein normales Gewicht ist. Verantwortung tragen für seine eigenen Gefühle. 

Kennt ihr so Situationen, in denen ihr ewig beleidigt seid und lieber etwas esst, weil es einfacher ist zu essen als zu reden? 

Was haltet ihr von meiner Theorie?

Emotionales Essen? Schließe Frieden!

Emotionales Essen? Was ist das eigentlich? Weine ich dann beim Essen, weil mir das Schnitzel so leid tut oder jauchze ich vor Freude bei fröhlichem Blumenkohl?

Oder kann ich manche Gefühle schlecht aushalten und betäube diese dann mit Essen? Nutze ich die Kraft von Schokolade, um mich zu beruhigen und glücklicher zu machen? Maskiere ich Angst, in dem ich schnell ein Brötchen schlinge?

Ich kenne emotionales Essen sehr gut.

Essen beruhigt mich bei Stress, senkt vermeintlich meinen Cortisolspiegel, belohnt mich nach einem harten Tag, hellt meine Laune auf und erfüllt noch so manch andere Aufgabe in meinem Gefühlsleben (Artikel: Dick durch Druck und Stress)

Und all das gesellschaftlich völlig anerkannt.

Gönn dir doch eine Pause und iss eine Kleinigkeit. Das Frühstückchen um 10.30 Uhr, das kleine Stückchen Kuchen nachmittags und eine kleine Nascherei am Abend.

Ich habe ewig versucht, herauszufinden, welche Glaubenssätze dahinterstehen und wie ich zum emotionalen Essen gekommen bin. Dabei habe ich viel herausgefunden und trotzdem hat es mich nicht entscheidend weiter gebracht. Allein das Wissen warum ändert nichts an meinem Verhalten. Ich essen dann einfach achtsam und mit offenen Augen für die Hintergründe weiter emotional.

Denn der Kern der Sache ist bei mir: Emotionales Essen ist mein Freund!

Ich sitze im Büro und die Anforderungen schlagen mir über dem Kopf zusammen. Jede für sich genommen ist legitim und relevant. Alle zusammen sind für die momentane Situation in Kombination zu viel und ich kann nicht alles auf einmal erfüllen.

Aber ich bin ja ein alter Bürohase, also priorisiere ich, informiere über Prioritäten, arbeite alles nach und nach ab und ESSE.

Der Drang, dann etwas zu essen ist übermächtig. Und da geht es nicht um Salat, es geht um Schokolade, Kekse, Brote, Pommes, Majo und Schnitzel. Hochkalorische Lebensmittel, die ich mal eben nebenbei schlingen kann.

Es geht nicht um Hunger, es geht um Essen…jetzt…schnell…dringend.

Und es wirkt, ich bin viel ruhiger als vorher. Der Drang zu schreien verschwindet, der Drang sich die Haare zu raufen und sich auf dem Boden zu rollen (hihi) verschwindet und muss auch nicht weinend aus dem Büro laufen. Ich kaue vor mich hin und versetzte mich in eine Katharsis. Abreagieren von Emotionen durch Essen.

Leider macht das dick und auf Dauer auch nicht glücklicher.

Also bekämpft man diesen “Freund”!

Emotionales Essen ist unerwünscht. Ich kasteie mich durch Diät. Ich versuche, durch reine Willenskraft zu widerstehen. NEIN, du isst das jetzt nicht! SO!

Aber das Essen und der Drang sind stärker als ich. Es geht nur eine Zeitlang gut und dann ist es wie vorher.

Ich lese Ratgeber, ich versuche zu verstehen, wann ich mir das angeeignet habe und lese überall von diversen Schritten, die es jetzt zu tun gilt.

“Erkenne, in welchen Situationen du emotional ißt, unterbreche diesen Handlungskreis und halte inne, tue was anders.” Finde eine Ersatzhandlung.

Also erkenne ich, unterbreche und dann?

Was soll ich dann tun? Irgendwie stehen da immer nur unrealistische Dinge, die überhaupt nicht zur aktuellen Situation passen. Ich kann damit nichts anfangen und habe selber auch keine besseren Ideen. Ich finde keine plausiblen Ersatzhandlungen.

Letztens habe ich die Ernährungsdocs angeschaut und da kam es zum gleichen Thema und der betroffene Herr sollte sich Ersatzstrategien ausdenken. Er hatte zwei gefunden, das eine davon war nach jeden Essen Zähne putzen…kann man machen, muss man aber nicht.

Denn ich leide in einer Situation des emotionalen Essens reale seelische Not, die nicht weggeht, wenn ich mir 100x am Tag die Zähne putze.

Es geht nicht um eine reine Änderung des Verhaltens und ich glaube auch nicht mehr, dass es nur Glaubenssätze und Verhaltensmuster sind, die es zu durchbrechen gilt.

Wenn man emotional ißt, dann leidet man in diesem Augenblick an seelischer Not und hat im Essen den verlässlichen Freund gefunden, der hilft diese Not zu lindern. Und es ist dabei überhaupt nicht sinnvoll, sich selber noch in den Arsch zu treten und sich zu beschimpfen und seinen Freund mit Getöse in die Wüste zu schicken.

Man hat massiven Stress seelischer Natur, der im Körper wieder den Stresslevel ansteigen lässt und der Körper reagiert auf diesen Impuls gerne mit einem Verlangen nach Zucker.

Sollte man sich in diesen Augenblicken nicht eher lieb haben? Sich fragen, was denn los ist und wie man sich selber helfen kann?

Würde man einem Freund oder einem Familienmitglied, bei dem man bemerkt, dass dieser unglücklich, wütend, traurig, einsam etc. ist, sagen: Jetzt stell dich halt nicht so an, reiß dich zusammen und außerdem nehme ich dir noch den Lolli weg?

Wahrscheinlich würde man ihm eher in den Arm nehmen, trösten, reden und das Gefühl mittragen. Mitgefühl und Anteilnahme zeigen und gemeinsam nach einer Lösung suchen.

Bei uns selbst fällt uns das oft schwer. Da wird gnadenlos verurteilt, drauf gehauen und ständig gesagt, reiß dich zusammen und den Lolli darfst du auch nicht haben. Und wir finden das ganz normal!

Da kommt das kleine Gefühl, dass sich ängstlich zeigt und in meinem Bürobeispiel zu mir sagt: “Puh…das ist so viel und alles gehört zu meinen Aufgaben und wenn ich das nicht schaffe, dann bin ich nicht gut genug und keiner hat mich lieb. Aber ich könnte was essen, das hilft mir. “

Und da kommt das übermächtige Gedankenmonster und schreit: Friss nicht so viel oder ich bestrafe dich mit ganzer Härte! Reiß dich gefälligst zusammen! Du bist so schwach und so wertlos, schäm dich. Such dir gefälligst ‘ne Ersatzhandlung.

Und so nimmt das kleine, ängstliche Gefühl reißaus, versteckt sich trotzig wieder im Untergrund und sagt: Ha! Aber essen musst du jetzt trotzdem, weil ich dich dazu zwinge. Früher oder später! Denn du kannst mich nicht besiegen. Zucker! Zucker! Und weißt du was, ich komme immer und immer wieder! Solange bis du mich anhörst!

Und da sagt das Gedankenmonster: PAH, ich putze mir jetzt einfach 100 x am Tag die Zähne, die wirst schon sehen was du davon hast, du scheiß GEFÜHL!

Und das Gedankenmonster ist mein Bewusstsein, dass das Gefühl nicht haben will, weil es schmerzhaft ist oder gesellschaftlich nicht anerkannt oder weil Gefühle haben einfach uncool ist. Aber es führt einen Kampf, den es niemals gewinnen kann. Denn es kämpft ja nur gegen sich selber und gegen sein eigenes Gefühl, anstatt sich in den Arm zu nehmen und mal hinzuschauen.

Oft ist das Gefühl ja auch gar nicht als solches zu identifizieren. Es äußert sich mit Enge im Hals oder Anspannung irgendwo im Körper und läßt uns rastlos und nervös werden und man muss erst 100x hinsehen, bevor das genaue Gefühl sich zeigt.

Und ich glaube, dass dies die einzige Lösung für emotionales Essen ist. Genau hinschauen und liebevolle Annahme!

Es gibt immer eine kleine Zeitspanne zwischen der Anspannung, die einen Essen lassen möchte und der tatsächlichen Handlung. Diese Spanne läßt sich nutzen.

In dem Buch Wohlfühlgewicht von Mareike Awe habe ich zum ersten Mal einen für mich sinnvollen Ansatz zum Umfang mit emotionalem Essen gefunden.

Sie beschreibt in 4 Schritten, wie man innehalten und mit seinen Gefühlen arbeiten kann.

Der erste Schritt ist einfach: Hinsehen und hinspüren: Wo ist die Anspannung und was spielt sich im Körper ab? Was empfindest du?

Beim zweiten Schritt bedankst du dich, dass das Gefühl bzw. die Anspannung da ist und sagst ihm, dass es da sein darf. Nimm die Anspannung bzw. das Gefühl an. Es darf da sein.

Im dritten Schritt fragst du das Gefühl, was es dir sagen möchte. Auch, wenn es im ersten Moment manchmal keine ganz klare Botschaft gibt, fällt einem meistens im Nachgang doch noch etwas ein.

Und im vierten Schritt verabschiedest du das Gefühl, dass seine Botschaft übermittelt hat und lässt es los.

Mein Bürofressgefühl möchte mir z. B. sagen, dass ich Angst habe, nicht gut genug zu sein, wenn ich nicht alle Anforderungen an mich sofort, super gut und super schnell erfülle. Also kann ich mich selber in den Arm nehmen und mir versichern, dass ich gut genug bin, immer!

Ich bin gut genug …weil ich da bin …,weil ich mir Mühe gebe …weil ich ein wertvoller Mensch bin…weil ich in meiner Gesamtkomposition einzigartig bin.

Und je öfter ich mir sage, dass ich gut genug bin, desto wahrer wird es.

Weil ich mir selber Liebe gebe, anstatt mich zu verurteilen und weil wunde Punkte dadurch heilen können. Und weil mein Freund, das emotionale Essen, dadurch auf mich hinabschauen und sagen kann, du brauchst mich nicht mehr.

Und wenn du mich doch brauchst, bin ich immer noch da.

Denn eins ist klar, über Jahre trainierte Abläufe zu verändern kostet Zeit und braucht viel Übung. Einige Gefühle werden immer wieder kommen und oft genug wird es ein Rückfall in alte Verhaltensmuster des emotionalen Essens geben.

Aber das ist gar nicht schlimm, denn wir haben ja auch immer wieder und für den Rest unseres Lebens die Gelegenheit, uns in den Arm zu nehmen und uns zu sagen:

Wir sind gut genug!

Was fällt euch noch dazu ein?

Warum essen wir weiter, obwohl wir längst satt sind?

Erdmännchen

Kennt ihr das?

Ihr esst etwas und könnt einfach damit nicht aufhören? Obwohl euch schon fast schlecht ist und der Magen schon drückt. Und trotzdem kann man nicht davon lassen.

Und passiert euch das mit Salat oder mit Rosenkohl?

Ich denke, wohl eher nicht. ..lach. Das passiert mir bei fettreichen, zuckerreichen oder stark salzigen Lebensmitteln. Prädestiniert dafür sind Chips, aber auch Schokolade oder Brot mit Erdnussbutter, Pommes mit Mayo, Plätzchen, Pizza, Fast Food, beim Bäcker etc. und ich kann trotzdem nicht davon lassen.

Ich müsste ja nur nichts mehr davon essen!

Die Lebensmittel, die bei mir suchtartiges Verhalten auslösen, einfach weglassen und voilà, ich esse bis ich satt bin und höre dann auf.

Das geht sogar…eine Zeit lang. Und dann, bäng, esse ich auf einmal jeden Tag in der Firma wieder Schokolade, ich esse Abends Kekse und stelle das Kochen ein und hole mir Fertigpizza. Dazu als Nachtisch mega Erdnuss-Eis von Ben & Jerrys und ich esse nicht nur ein kleines bißchen davon, sondern die ganze Packung. Während ich das schreibe und daran denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

Wenn ich dann in den Spiegel schaue, habe ich wieder ein leichtes Doppelkinn und ärgere mich darüber und überlege, ob ich nicht doch wieder Diät halten soll, obwohl ich genau weiß, dass die ganzen Diäten mich niemals dauerhaft schlank gemacht haben. Weight Watchers, neu WW, hatte am Black Friday einen Nachlass von 70% und ich war kurz davor, mich wieder anzumelden.

Einzig der enorme Widerwille dagegen, nochmal irgendwas zu zählen oder wieder in den Diätwahn zu verfallen, hat mich davon abgehalten. Ich nehme damit ja gut ab , aber dann wieder gut zu und es ist vergebene Liebesmüh, die ganze Qual, wenn ich dann das Gewicht nicht halten kann.

Trotzdem tappte ich wieder in die Falle.

Vor drei Monaten hat mein Kollege angefangen 16:8 zu machen und hat damit auch wirklich richtig gut abgenommen. Ich fand das mega. Also habe ich gedacht, ich könnte ja vielleicht 15:9 machen, das ist nicht ganz so streng und das paßt besser in mein Leben und vielleicht schaffe ich es ja, dass dann dauerhaft zu integrieren.

Die erste Schwierigkeit begann mit der Frage, was trinke ich morgens. Ich trinke immer!, quasi rund um die Uhr, Saftschorlen. Wenig Saft, viel Wasser. Aber bei 15:9 kann ich das ja dann morgens nicht. Ich wollte essen von 11.00 Uhr bis 20.00 Uhr Abends.

Also habe ich mir ungesüßten Tee gemacht. Und es gehasst. Dabei mag ich total gerne Tee und trinke das immer ohne Zucker. Aber nur wenn ich Lust habe auf Tee…und ich wollte morgens eigentlich keinen. Also war ich super mega schlau und kaufte mir Flavdrops in Fruchtgeschmack und süßte damit mein Wasser.

Der Süßstoff entpuppte sich jedoch als ganz großer Irrtum.

Süßstoff am Morgen und der Verzicht auf Nahrung bis 11.00 Uhr machen mir solchen Hunger, dass ich in den erlaubten Stunden viel mehr gegessen habe als sonst. Und der Süßstoff macht was mit meiner Körperchemie. Auch wenn bewiesen scheint, dass der Insulinspiegel dadurch nicht ansteigt und es nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht sein kann, bekomme ich dadurch Fressflashs. Ich bin jeden Tag in die Kantine gelaufen und habe mir Schokoriegel gekauft.

Dabei hielt ich das für schon lange überwunden. Der Nachmittagsjieper auf Süßes ist mir ja gut bekannt, der begleitete mich ja sehr lange, nur der direkte Zusammenhang zum Süßstoff war mir irgendwie wieder entglitten. Denn auch das weiß ich eigentlich.

Ich habe das Experiment nach ein paar Wochen direkt wieder abgebrochen und trotzdem hatte sich die Gewohnheit des süßen Snacks direkt wieder festgesetzt.

Fest steht, ich reagiere auf Süßstoff und Nahrungsmittelreglementierung mit Fressflashs und völlig unkontrollierbarem Essverhalten.

Da ist dann auch jede Achtsamkeit und jedes intuitives Essen außer Kraft gesetzt, weil ich mich dann ja auch sklavisch an die Regeln halten will.

Ich war ja schon sehr rebellisch und machte 15:9 anstatt 16:8. Aber einfach zu sagen, ach scheiß drauf, es kommt auf die Gesamttagesbilanz an und nicht darauf, ob du morgens jetzt deine Fastenperiode noch um drei Stunden verlängerst, in dem auf den Saft verzichtest, kam mir nicht in den Sinn.

Wenn man Intervallfasten macht, dann fastet man in dieser Zeit und basta!

Warum kann ich dann nicht wohlwollend und nachsichtig zu mir sein?

Weil immer noch in meinem Kopf rumschwirrt, wenn man dick ist und zu viel isst, dann ist man willensschwach und undiszipliniert und du bist selber schuld, du Freßboje!

Es ist schon erstaunlich, wie fest diese Glaubenssätze in einem verankert sind.

Dabei wäre es viel liebevoller, wenn man zu sich selbst sagen könnte:

Du hast da ein paar Verhaltensweisen, die dir in der Vergangenheit sehr gut geholfen haben, dir jedoch jetzt nicht mehr guttun. Aber es sind nur Verhaltensweisen, man kann daran arbeiten und diese ändern, damit du glücklicher wirst!

Das ist kein unausweichliches Schicksal, keine Bestimmung zu ewigem Dicksein, sondern ein liebevoller Umgang mit sich selbst.

Und es gibt Lebensmittel, die mich unkontrolliert essen lassen. Lebensmittel, die es in der Natur so gar nicht gibt, sondern die dafür designed wurden, dass ich viel davon essen möchte und die einen so starken Belohnungsreiz im Gehirn auslösen, dass die Sättigungsimpulse davon außer Kraft gesetzt werden.

An denen haben Chemiker so lange getüftelt, bis sie den maximalen Glückspunkt gefunden hatten. Die Kombination aus Zucker und Fett, die uns fressen lässt bis die Schnauze schäumt, würde mein Vater jetzt sagen.

Dazu gibt es ein sehr interessantes Buch und einen Artikel im Spiegel von 2013: Die Menschen-Mäster

Und gleich auch den Gegenartikel der Lebensmittelindustrie der jede These darin widerlegt.

Ich habe das Buch von Michael Moss – Das Zucker/Salz/Fett-Komplott gelesen (Buch bei Amazon), dass jedoch den amerikanischen Markt im Fokus hat. Dieses bot mir eine gute Erklärung, warum ich nicht mehr aufhören kann dieses Ben & Jerrys Erdnuss-Eis zu essen und welche Anstrengungen unternommen werden, moderne Lebensmittel so attraktiv zu machen, dass man diese immer wieder essen will.

Deswegen kann mein Ziel ja nur sein, diese Lebensmittel so weit wie es geht zu meiden. Und aus diesem Grund finden sich hier auf der A-Methode mittlerweile Rezepte ohne Kalorienangaben und solche, wie z.B. das Schnitzel, die man nicht auf einer Abnehmseite vermutet. Ich lerne immer noch Kochen, damit ich mir die Leckereien selber machen kann.

Denn das beste Mittel gegen Fressflashs aufgrund von Designer-Lebensmitteln ist immer noch, seine Nahrung frisch und selber zuzubereiten.

In den 70ern, als ich aufgewachsen bin, da gab es noch gar nicht so viel Convenience-Produkte und meine Oma konnte toll kochen. Dann wurden Fertigpizza und Maggittüchen hipp und meine Mutter nahm es, weil es immer gleich schmeckt und wir Kinder es sehr gerne mochten. Ich habe dies im ersten Drittel meines Erwachsenenlebens einfach so weitergeführt, auf Diätbasis….man tut das, was man gut kennt.

Leider gilt fürs Abnehmen ja weiterhin, wenn man immer das Gleiche tut, dann bekommt man immer das gleiche Ergebnis. Wenn man weiterhin Fertigfraß isst, dann bleibt man weiterhin in dieser Falle aus dem Überessen und dem nicht Spüren der Sättigung.

Ab und zu muss ich mir deshalb selber noch einmal die acht goldenen Regeln der A-Methode in Erinnerung rufen:

Lebenmittelsauswahl
Die acht goldenen Regeln der A-Methode

Selber von mir für mich aufgestellt und dann doch immer wieder vergessen. Ich sollte mir Kärtchen davon drucken lassen, die ich mir überall aufhänge…lach.

Denn der Kern der A-Methode ist Essen mit Achtsamkeit und Low Junk.

Low Junk? Was ist das denn?

Ja, ganz einfach.

Wähle möglichst frische, unverarbeitete Lebensmittel.

Lerne, diese schmackhaft zuzubereiten.

Iss davon, so viel wie du magst, bis du satt bist :).

Fertig!…lach

Ich werde weiter berichten, was sich bei mir tut und ob ich es noch lerne, meine eigenen Regeln zu befolgen.

Wie sind eure Erfahrungen dazu? Ich freue mich über jede Nachricht. Und auch über Bewertungen meiner Rezepte. Besser werden kann man immer.

Liebe Grüße

Andrea

Wie ich die Freude an Bewegung fand…

In einem meiner letzten Artikel habe ich darüber geschrieben, dass ich unsportlich bin und das dies ein Glaubenssatz ist, der mich schon nahezu immer begleitet und mit dem ich unglücklich bin.

Ich bin ein ehrgeiziger Mensch und mache gerne Dinge gut und wenn ich etwas nicht kann, was ich gerne können möchte, dann übe ich, damit es besser wird. Beim Sport klappte das nie, ich konnte machen was ich wollte, sportlicher werden war ausgeschlossen.

Da machte es mir sofort keinen Spaß mehr, weil ich nicht vorankam und trotzdem immer die Letzte war bzw. nie so gut wie meine Freundinnen. Daraus entwickelte sich: „Ich hasse Sport“ und „ich bin unsportlich“ und daran hat sich seit der Grundschule auch nie was geändert. Bis jetzt!

Andrea ist unsportlich und mag keine Bewegung, wie immer! Sie kann nie sportlicher werden!

Letzten Monat war ich vier Wochen in Reha. Und ich habe vier Wochen den ganzen Tag Sport gemacht. Oh Gott, vier Wochen den ganzen Tag turnen…wie soll das bloß werden!! Davor hatte ich echt Bammel.

Auf meiner Liste standen Wassergymnastik, Walken, Koordinationstraining und nochmal Walken und Beckenbodentraining, Thai Chi und noch andere Trainingsstunden. Ich musste zwangsläufig sportlicher werden.

Das Grauen in Tüten bzw. auf Listen.

Erst einmal bin ich zu Hause noch einkaufen gegangen. Ich brauchte Sporthosen, noch ein paar T-Shirts, ein paar neue Walkingschuhe und ein Pfund Motivation.

Der erste Tag war noch ganz chillig, man musste ja erstmal ankommen. Die Reha Klinik in Nümbrecht liegt auf einem Hügel. Um in das kleine Städtchen zu kommen, musste ich den ganzen Hügel runter und später auch den ganzen Hügel wieder rauf laufen. Okay, es lag sehr idyllisch, ich konnte schön im Kurpark nach unten laufen und das Städtchen war wunderschön.

Ich lief direkt am ersten Abend ins Dorf runter und war aber völlig fertig, als ich oben wieder angekommen war. Mir geht total schnell die Puste aus und ich musste zweimal stehen bleiben und Pause machen. Aber die Neugier war stärker als der Schweinehund.

Am zweiten Tag stand als Erstes die Wassergymnastik auf dem Plan und da war ich noch beruhigt, denn turnen im Wasser ist nicht soooo schlimm. Das ging auch ganz gut und ich war mit Motivation dabei. Direkt danach stand Walking auf dem Programm. Da war ich auch noch nicht alarmiert, das mache ich ja öfters.

Ich durfte mir Nordic Walking Stöcke dazu nehmen und marschierte mit meiner Gruppe los. Der Weg führte von der Klinik direkt in den Kurpark und es sollte ein kleiner Rundkurs sein, maximal eine dreiviertel Stunde. Die Gruppe war altersmäßig sehr gemischt und jeder hatte sein Zipperlein. Das ist ja Rehasport und kein Wettbewerb.

Dummdi…dummdi…walk…walk….STEIGUNG! Ach du Scheiße! Da geht es echt rauf…und das über etwas länger… Keuch…Keuch…Prust…Prust…Keuch…Seitenstechen…Keuch…stehenbleiben…Luft holen…weiter…Keuch…Keuch…mich kann hier ja jeder sehen, wie peinlich…Prust…Keuch…hinter dem Busch verstecken und Luft holen…oben angekommen…und mindestens noch fünf Minuten weiter walken und keuchen, bis der Puls wieder messbar ist und ich Luft bekomme.

Und der Rundkurs bestand aus mindestens drei Runden, das hieß dreimal Hügel, dreimal kurz vor dem Erstickungstod und dreimal hinter dem Busch verstecken und Luft holen.

DAS WAR SCHRECKLICH! ICH BIN SCHRECKLICH UNSPORTLICH UND JEDER KANN ES SEHEN.

In der Gruppe war ein älterer Herr, der ging sogar mit einem Blutdruckmessgerät um den Hals mit in der Gruppe walken und kam den Hügel hoch ohne Atemnot und ohne im Gesicht völlig rot zu sein.

Ich hasse diesen Hügel…und ich möchte das so gerne auch können. Heul rum. Also nahm ich mir fest vor, dass so lange zu trainieren, bis ich den Hügel auch hochkomme, ohne dem Erstickungstod nahe zu sein. Ich hatte ja vier Wochen viel Zeit. Da war er wieder, der Ehrgeiz.

Und ich lief und lief und walkte und walkte und wie immer wurde es nicht besser. Und es machte auch überhaupt gar keinen Spaß. Immer völlig fertig, immer rotes Gesicht und nie Freude.

Wir liefen ja auch nie alleine, es war immer eine Trainerin dabei. Diese lief von Person zu Person und schaute, dass es allen gut ging und fragte zwischendurch auch Ziele und den Gesundheitszustand ab. Bei mir kam sie an, als ich gerade den Hügel hochhechelte. Das einzige, was ich noch herausbrachte war: „Bitte! Nicht! Reden!“. Sie war etwas irritiert, aber ich konnte nicht reden. Ich war viel zu beschäftigt damit, nicht zu ersticken.

Und nach zwei Wochen war mein Fortschritt null und jegliches Vorurteil war mal wieder bestätigt. Ich hatte über richtiges Atem gelesen, über Bauchatmung, alles Mögliche ausprobiert, aber es würde einfach nicht besser. Es wurde nicht besser und das war super frustrierend! Es ist so unglaublich schwer, sportlicher zu werden.

Trotzdem merkte ich, wie gut mir die viele Bewegung tat.

Es gab ja auch viele sportliche Dinge dort, die mir Spaß machen. Ich liebte die Wassergymnastik. Das war auch anstrengend, aber auch lustig. Ich ging sogar ganz freiwillig abends nochmal ins Schwimmbad. Jeden Tag stiefelte ich runter ins Dorf und wieder hinauf, hasste aber auch da meine Atemnot. Aber es fühlte sich trotzdem gut an. Nur dieser Hügel, der brach mir das Genick. Ich verzog schon das Gesicht, wenn ich Walking auf dem Plan sah.

Mein ganzer Körper war ein gepflegter Ganzkörpermuskelkater, meine Motivation auf dem Nullpunkt. Und schon wieder traf ich mich mit der Gruppe am Walking-Treffpunkt, im Herzen Leere in Erwartung der Anstrengung. Jedes Mal bekamen wir die gleiche Ansprache der Trainerin: Jeder in seinem Tempo, kein Gruppenzwang.

Und ich reihte mich ein hinter eine anderen Dame, die neu dabei war, ungefähr mein Tempo lief, auch mit Walking Stöcken. Das ging gut, ich hatte einen Pacemaker…lach. Wir kamen zu dem Hügel, innerlich verdrehte ich schon die Augen, und diese Dame lief auf einmal sehr, sehr, sehr langsam.

Ich blieb hinter ihr und lief auch sehr, sehr, sehr langsam. Ich glaube, ich bin im Leben noch nie so langsam gelaufen, schon gar nicht mit Walkingstöcken. Aber da geschah das Wunder!!! Ich kam auf einmal den Hügel herauf und ich war gut bei Puste und kein Tomatenkopf. Eifrig ging ich die Runden hinter dieser Frau her und es klappe jedes Mal. Ich war total geflasht. Es gibt gar kein Geheimnis, nur diesen einen Satz:

WENN DER WEG STEILER WIRD, DANN GEH EINFACH LANGSAMER.

Auf diese Idee bin ich gar nicht gekommen, niemals nie im Leben. Ich hatte am Hügel das gleiche Tempo drauf wie in der Ebene. Ich konnte mir das ganze Gekeuchte, Gepuste und den Tomatenkopf ersparen, indem ich einfach langsamer ging!

Und von diesem Fitnesslevel aus konnte ich versuchen, das Tempo leicht zu steigern. Und ich kam den Hügel hoch, einfach so. Sehr, sehr, sehr langsam, jedoch gleichmäßig langsam.

Ich musste mich wirklich dazu zwingen, so langsam zu gehen. Das war super ungewohnt, aber längst nicht so peinlich wie das Gehechel vorher.

Das war ein Meilenstein in meiner sportlichen Entwicklung.

Ich kann einfach noch viel langsamer gehen als ich denke, dass ich gehen müsste…lach. Jetzt machte der Satz „Jeder in seinem Tempo“ auf einmal Sinn. Auch ich kann sportlicher werden.

Und wie hirnverbohrt man sein kann, dass ich nicht von alleine einfach darauf gekommen bin. Man ist so gefangen ist seinen Glaubenssätzen, dass man diese immer wieder neu beweisen muss und die Alternativen gar nicht in Betracht gezogen werden.

Ich war für meinen geringen Fitnesslevel einfach nur viel zu schnell unterwegs.

Und deswegen konnte ich das auch nie steigern und hatte nie Erfolgserlebnisse! Chaka! Ich muss nur viel langsamer anfangen, dann stellt sich auch Erfolg ein.

Das musste in den letzten zwei Rehawochen natürlich ausgiebig getestet und bewiesen werden.

Als erstes ging ich ins Dorf und ganz, ganz langsam wieder zurück. HA! Auch das ging ohne Ateminfarkt. Also suchte ich mir weitere Hügel und Steigungen und zockelte diese ganz langsam hoch mit wachsender Begeisterung. Am letzten Kurwochenende haben mein Mann und ich eine 10 km Wanderung gemacht mit Berg und Tal und überall schlich ich in meinem sehr langsamen Tempo Steigungen entlang, aber ich empfand Freude bei der Bewegung und keinen Druck mehr.

Ich kam alle Steigungen hoch ohne Pause, nur eben sehr langsam, dafür aber gleichmäßig. Und ich lag im Endeffekt gar nicht so weit zurück. Aber das Wichtigste war der Spaß dabei.

Kurz auf die Probe gestellt wurde der Spaß an der Bewegung nur bei einem Koordinationstraining, bei dem die Mehrheit entschied, dass es doch Laune machen würde jetzt Volleyball zu spielen.

Und schon fand ich mich gedanklich in der Turnhalle meiner Schulzeit wieder und es fühlte sich auch genauso kacke an. Ich bin durchaus manchmal in der Lage, den Volleyball zu pritschen oder zu baggern, aber ganz oft mache ich eben auch nur lustige Verrenkungen und es geht daneben.

Und da merkte ich wieder ganz deutlich, dass ich an Mannschaftsport keine Freude habe. Ich möchte niemanden enttäuschen und schuld sein, dass meine Mannschaft nicht gewinnt. Dann bin ich so auf das fiese Gefühl konzentriert, dass mir die Bewegung völlig abgeht. Ich möchte mich dem nicht aussetzen.

Aber ich kann so viele tolle Dinge machen, bei denen mir das total Spaß macht, mit meinem Körper zu arbeiten.

Tanzen, Gymnastik, Wandern, Walken, Kraftsport… Als ich wieder zu Hause war, bin ich tatsächlich joggen! gegangen.

Tja, sehr, sehr, sehr langsam. Und am liebsten ohne Leute. Es ist mir immer noch etwas peinlich, wenn mich Leute sehen und ich laufe so super langsam, dass mich Frauen mit Kinderwagen beim strammen Marsch locker überholen können.

Und ich laufe…

Nicht sehr lange und abwechselnd mit walken, aber die Kombi Andrea und joggen gab es bis dato noch nie.

Wichtig daran war, dass ich das wollte. Ich wollte raus, ich wollte mich bewegen. Es war keine Qual, es war ein Bedürfnis.

Und das war neu. Mit der neuentdeckten Langsamkeit kam das Bedürfnis nach Bewegung.

Freiwillig und ohne Diätgedanken!

Vielleicht ist der Artikel euch ja Inspiration. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich auf das einfachste Mittel nicht gekommen bin .

Probiert es aus. Hier ist Schwerte gibt es einen tollen Kurs in Aquajogging. Unverbindlich und ohne Mitgliedschaft. Das liebe ich total.

Vielleicht gibt es ja in eurer Nähe ähnliche Angebote. Ich wünsche euch total viel Spaß bei der Entdeckung der Langsamkeit :).

Kann ich meinen Hunger beim Abnehmen mögen?

Hunger beim Abnehmen

Fast mein ganzes Leben lang verteufelte ich beim Abnehmen meinen Hunger. Wenn ich nicht immer Hunger hätte, dann müsste ich nicht immer essen und wenn ich nicht immer essen müsste, dann wäre ich super schlank. So spielt es sich zumindest in meiner Fantasie ab.

Inspiriert zu diesem Artikel hat mich eine Diskussion auf Facebook zu meinem Gastartikel bei kochkatastrophen über die “Nutzlosigkeit von Diäten“.

In diesem hatte ich geschrieben, dass ich weiterhin versuche “normal” zu essen, nämlich nur dann zu essen, wenn ich Hunger habe und aufzuhören, wenn ich satt bin. Und es kam die Frage auf, was “normal essen” denn ist und das die meisten Menschen nicht abnehmen würden, wenn sie essen würden, bis sie satt sind. Ohne Kaloriendefizit würde es nicht gehen und bei normalem Essen würde sich dieses nicht einstellen.

Aber was ist dann die Alternative? Immer hungern, immer Diät leben, wieder schwanken zwischen Kaloriendefizit und Überessen? Was passiert nach der Diät? Und so kam ich zu der Frage:

Ist Hunger beim Abnehmen vielleicht nützlich?

Ist er wirklich der Grund für mein Übergewicht? Kann ich lernen, meinem Körper und seinen Signalen wieder zu vertrauen?

Was tut mein Hunger denn? Welche Arten von Hunger gibt es denn? Und warum gibt es Menschen, die tatsächlich nur bei körperlichem Hunger essen und von Natur aus schlank sind? Was machen die anders als ich und warum können diese Menschen das so problemlos?

Ich kenne viele Leute, die nie dick waren und die essen, wenn sie sich hungrig fühlen. Die essen dann genau das, was sie essen möchten und keinen Magerquark mit Süßstoff oder ähnliche grässliche Dinge. Und diese Menschen bleiben schlank und gleichen Tage mit viel Hunger durch Tage mit wenig Hunger wieder aus. Es ist auch nicht so, dass diese Menschen immer nur und ausnahmslos “gesunde” Lebensmittel essen und nur am Salatblatt kauen.

Was sind die Geheimnisse von natürlich schlanken Menschen?

Und kann ich das auch? Mögen diese Menschen ihren Hunger?

Wenn ich dieses schreibe, dann habe ich gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil es so viele Menschen auf der Welt gibt, die nicht genug zu essen haben und für die die Frage, ob sie ihren Hunger mögen, eine große Farce wäre. Denn ich lebe ja im Schlaraffenland und kann jederzeit und meistens das essen, nachdem es mich gerade gelüstet.

Hunger war bisher etwas in meinem Leben, dass unerwünscht war, weil es meine Diät torpedierte. Als unternahm ich etwas gegen den Hunger.

Folgende Maßnahmen gegen Hunger fallen mir spontan ein:

  1. Ein großes Glas Wasser vor dem Essen trinken.
  2. Eine heiße Gemüsebrühe in langsamen Schlucken trinken, um das Hungergefühl zu unterdrücken.
  3. Kapseln mit Konjakpulver nehmen, die im Magen aufquellen, um satt zu signalisieren
  4. Cefamadar als homöopathisches Mittel gegen Hunger nehmen
  5. Früchtewürfel gegen Hunger einwerfen und diese mit viel Wasser im Magen aufquellen lassen
  6. Mitte der 90er Jahre habe ich tatsächlich einen apothekenpflichtigen Appetitzügler ausprobiert, dessen Namen ich vergessen habe
  7. unglaublich viel Kaugummi kauen
  8. Zähne putzen, dann fällt es leichter nicht zu essen.
  9. 30 Liter Cola light trinken…lach…okay, vielleicht zwei

Und hat mir das alles was gebracht? Nein, hat es nicht, denn ich habe immer noch Hunger…lach. Natürlich, denn Hunger ist ein völlig natürliches Gefühl und der Körper möchte mir dadurch ja eigentlich nur mitteilen, iß was!

Das beste Mittel gegen körperlichen Hunger ist, etwas zu essen und das solange, bis ich angenehm satt bin.

Und ich esse am besten etwas, dass ich essen möchte und das ich genießen kann.

Aber das gilt für den körperlichen Hunger, den Bedarf des Körpers an der Zufuhr von Energie für den Tag. Und ich gebe meinem Körper zu essen, wenn er Hunger hat und mir das auch signalisiert. Ich kann sagen, lieber Hunger, schön das du da bist und dich meldest, denn dann schmeckt mein Essen doppelt so gut und ich ernähre dich gerne gut und natürlich. Und schön lieber Hunger, dass du wieder gehst und verschwindest, wenn ich genug gegessen habe.

Leider gibt es auch den Seh- und Dufthunger, der mit körperlichem Hunger nichts zu tun hat.

Kommt überfallartig vor Bäckereien oder wenn Kollegen Schokolade mitgebracht haben. Kann einen aber auch von der Seite anfallen, wenn es aus einer Pizzeria ganz verführerisch duftet oder das Eis beim Tanken in der Truhe hüpft und schreit: Iss mich!

Seh- und Dufthunger hat meistens mit körperlichem Hunger nichts zu tun und verschwindet auch wieder, wenn das Objekt der Begierde außer Seh- und Riechweite ist. Diesem Hunger kann man ab und zu nachgeben, aber nicht immer. Hier immer zu essen macht uns dick. Wir essen aus Gelegenheit, weil es verfügbar ist und weil es gut schmeckt, aber nicht, weil der Körper das Essen gerade braucht.

Bei Seh- und Dufthunger haben natürlich schlanke Menschen irgendwie eine natürliche Essbremse.

Weil sie aber auch genau wissen, dass sie alles essen dürfen, was sie möchten, wenn der körperliche Hunger kommt. Für mich stellten Bäckereien jahrelang eine sehr große Versuchung dar, da die Lebensmittel dort oft eine hohe Energiedichte haben und auf der “verbotenen” Liste standen. Seitdem ich mir alles erlaube, ist der Reiz gar nicht mehr so groß. Manchmal kaufe ich sogar etwas und tue es weg für später, wenn der körperliche Hunger kommt, und dann vergesse ich die Tüte in der Handtasche und finde sie erst Abends wieder.

Und dann gibt es natürlich den Trosthunger, den Nötzhunger, den Langeweile-Hunger, den Trotzhunger und die ganzen Spielarten des emotionalen Hungers, die sich oft anfüllen wie realer, körperlicher Hunger und die so schwer davon zu unterscheiden sind. Der “Ich sitz auf der Arbeit und habe keine Lust-Hunger”, der so laut nach Schokolade als Belohnung schreit oder der “Ich sitze gemütlich im Kaffeehaus und möchte Kuchen-Hunger”, weil alle anderen essen, obwohl man selber doch pappsatt ist.

Gefühlshunger, bei dem ich versuche durch Essen Gefühle zu überdecken.

Gefühle, die ich nicht haben möchte. Situationen, in denen ich gelernt habe, das Essen mich beruhigt, mir Frieden gibt, die Gefühle abmildern und mir bessere Laune macht.

Es ist hart, auf einmal Gefühle aushalten zu müssen, die man nicht haben möchte, weil man von seinen eingefahrenen Wegen abweicht und in diesen Situationen nicht mehr ißt, obwohl man so lange Jahre damit gut gefahren ist.

Ich sitze im Büro und ärgere mich schrecklich über etwas. Ganz früher habe ich dann eine geraucht und mich aufgeregt. Heute rauche ich nicht mehr und es ist eh im Büro verboten, also esse ich. Denn das ist gesellschaftlich akzeptiert. Ich könnte mich auch ans Fenster stellen und 30x tief atmen oder 10x den Flur entlang laufen und mit den Armen rudern oder 5 Minuten auf einem Bein hüpfen. Das würde ebenso zuverlässig den Cortisolspiegel senken und den Ärger mildern, ist aber so auffällig…lach.

Essen ist unauffällig möglich und normal! Aber Gefühle wegessen ist kacke und macht dick. Also muss ich mir die Zeit nehmen und warten, bis das Gefühl weg ist. Ich brauche viel Geduld dazu und ein Gefühl auszusitzen und auszuhalten dauert viel länger, als es eben herunterzustopfen.

Wie kann ich denn nun unterscheiden, welchen Hunger ich gerade habe und wann ist essen die normale Befriedigung eines körperlichen Bedürfnisses und wann ist essen eine ungesunde Angewohnheit, der ich entsagen sollte?

Die Hungerarten unterscheiden zu lernen muss man einfach üben.

Körperlicher Hunger fühlt sich bei mir flau im Magen an, ich fühle mich etwas schlapp, es kann sein das sogar der Magen knurrt und ich werde schneller gereizt. Das ist der Moment, in dem mein Körper Nahrung möchte. Manchmal habe ich schlimmen Appetit auf Fleisch oder einen riesigen Hunger auf Nudeln oder ein Brötchen. Und manchmal eben auch auf Gemüse. Und wenn ich körperlichen Hunger habe, dann esse ich und das solange, bis ich satt bin.

Manchmal ist es dann so, dass ich sage: Leider bin ich schon satt ..lach.

Das finde ich dann voll schade, weil es so lecker schmeckt. Aber ich merke mittlerweile ganz gut, wann ich wirklich satt bin. Angenehm satt, nicht vollgestopft. Sodass ich mich nach dem Essen immer noch leicht fühle. Und ich kann mir das Begehrte ja jederzeit wieder beschaffen, ich darf ja alles essen.

Seh-und Dufthunger kann ich ganz gut unterscheiden. Da reicht es kurz achtsam innezuhalten und den Moment vorbeigehen zu lassen. Wenn es ganz arg ist, dann nehme ich mir auch manchmal etwas mit und esse es später. Oder vergesse es dann ;).

Schwierig wird es bei emotionalem Hunger oder alten Gewohnheiten, die mir einen sehr glaubhaften, körperlichen Hunger vorgaukeln können. Emotionaler Hunger sitzt bei mir oft im Hals anstatt im Magen und ich kann Gefühle, die ich nicht haben will, tatsächlich aufessen. Am besten mit Schokolade. Das ist natürlich super praktisch, dann muss ich mich nicht damit auseinandersetzen, kann in meiner Komfortzone bleiben und stopfe alles weg. Leider kriegt man davon Schwimmreifen…

Eine unpassende Angewohnheit ist auch die allabendliche Lust auf Süßigkeiten.

Immer, wenn ich die Süßigkeiten nicht essen wollte und dagegen ankämpfte, fand ich mich später damit beschäftigt nicht nur ein oder zwei Stücke, sondern die ganze Tafel Schokolade aufzumümmeln. Das war bei mir tatsächlich eine Kombination aus der verbotenen Frucht und der Gewohnheit zur Entspannung abends Süßigkeiten zu essen.

Seitdem alles erlaubt ist, esse ich ab und zu abends eine kleine Menge Süßkram und bin damit zufrieden. Das kam ganz automatisch und klappt hervorragend, hat aber ein paar Wochen gebraucht. Und irgendwann hatte ich einfach vergessen, dass ich abends Süßes wollte. Wobei ich eben auch vorher ein nahrhaftes Abendessen hatte, mit einer Speise, die ich wirklich wollte und die ich genießen konnte. Ich war satt und zufrieden.

Ich glaube, der abendliche Süßhunger kam von einem Mangel, den ich empfand, weil ich zum Abendessen nicht das gegessen habe, dass ich wirklich wollte, sondern etwas von dem ich dachte, dass ich es essen sollte. Gesund vor Genuss, Kalorienarm vor Verlangen. Und diesen Mangel musste ich mit verbotener Frucht wieder ausgleichen. Wie es mir dabei ergangen ist könnt ihr hier nachlesen.

Seitdem ich diesen Mangel nicht mehr verspüre, ist der Süßhunger nahezu weg.

Mit dem emotionalen Hunger ist es viel schwieriger und die Trampelpfade der Gewohnheit sind dort für mich schwieriger zu durchbrechen. Denn wenn man solange wie ich trainiert hat, unangenehmes schnell wegzuessen, dann fällt es schwer, der Macht der Gewohnheit zu widerstehen. Das versuche ich gerade mit Hilfe der Hypnose zu unterstützen, wie könnt ihr hier nachlesen.

Es hilft, sich aufmerksam zu beobachten und zu fragen, warum ist der Essensdrang jetzt so groß, obwohl keine Anzeichen für körperlichen Hunger da sind. Und manchmal muss ich einfach Geduld haben und warten, bis ich es verstehe. Und mich und meine Bedürfnisse hinterfragen und mir dann auf andere Weise etwas Gutes tun.

Ich glaube das “Warten können” und “Geduld haben”, die Schlüssel sind, um seinen Hunger zu mögen und sich damit zu versöhnen.

Noch etwas warten, bis man wirklich körperlichen Hunger hat.

Geduld haben und warten, bis man sein Gefühl, das den emotionalen Hunger auslöst, versteht und Abhilfe anderer Art schaffen kann.

Abwarten, ob man wirklich Hunger hat oder ob es Seh- und Dufthunger ist.

Ich glaube, ich bin so daran gewöhnt Situationen zu analysieren und schnell Abhilfe zu schaffen, dass ich das Warten und die Geduld inkl. der Achtsamkeit einfach aus meinem Leben verbannt hatte. Ebenso dem Körper zuzuhören, der weiß, was mir gut tut.

Deswegen werde ich versuchen, meinen Hunger zu mögen, ihm Respekt zu zollen und darauf vertrauen, dass er und mein Körper weiß, wann und in welcher Menge ich Nahrung benötige. Denn kein Tag ist gleich.

Könnt ihr euch vorstellen, das Geduld und Warten und seinen eigenen Hunger mögen etwas in eurem Eßverhalten verändern könnte?